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SXSW 2019: Purpose-Marketing – Haltung bringt Umsatz

Ein Wort fiel erstaunlich selten während der SXSW 2019: Purpose. Und doch war das, was in Deutschland unter Purpose-Marketing läuft – also das Aufladen von Marken mit und das Verhalten von Unternehmen im Rahmen von gesellschaftlichen Ansprüchen – allgegenwärtig.

Den überraschendsten Vortrag zum Thema hielt dabei Mike May, der Vice President für Strategie der Digitalagentur Huge. Sein Team untersuchte Marken, die Stellung zu einem gesellschaftlichen Thema genommen haben – und die Folgen für deren Kommunikation und Umsatz.

Mike May während seines Vortrags auf der SXSW.

Die überraschende Erkenntnis: Demonstriert eine Marke Haltung, zahlt sich dies wirtschaftlich aus.

Das liegt maßgeblich an der Emotionalisierung der Zielgruppe. Denn Politik ist für ihn der „neue Zuschauersport“:

  1. Wir haben unser eigenes Team (eine Partei oder einen Kandidaten).
  2. Wir engagieren uns für das Team.
  3. Wir wollen gewinnen.
  4. Wir wollen, dass die andere Seite verliert.

Und bisher war es eben vor allem der Sport, der solche Emotionen und Reaktionen auslöste – nun auch politische und gesellschaftliche Themen.

Gleichzeitig seien Marken nicht mehr nur ein Ausweis einer gewissen Produktqualität. Sie sind ein demonstrativer Hinweis auf unsere Identität: „Wir zeigen uns mit Marken, die uns definieren sollen. Sie sind eine geistige Abkürzung für andere, um uns zu verstehen.“

Und: „Niemand kann mehr Leidenschaft auslösen als Marken. Dafür wurden sie geschaffen. Marken sind die ultimativen Influencer“, sagte May. Weshalb die Verbindung von Marken und gesellschaftlichem Engagement eine logische sei.

Untersucht hat May 14 Marken, die er in 3 Gruppen unterteilte:

Haltung erzeugt mediale Reichweite

Jede der Marken registrierte im Moment der Kommunikation einen erheblichen Zuwachs an digitaler Reichweite. Selbst vier Wochen später verzeichneten die meisten Marken ein Plus – bei einigen sogar bis zu 181%.

Hauptgrund dafür dürften neu gewonnene Follower sein, die sich aufgrund der laufenden Kampagne der Marke anschlossen – das Like oder Follow wird somit zum Statement der Unterstützung.

Allein schon diese Wirkung im Social Web habe nicht nur wirtschaftliche Folgen, glaubt May: „Stellen sie sich vor, sie sind für diese Kampagnen verantwortlich und sehen diese Zahlen. Das ist ein Adrenalinschub für das gesamte Unternehmen.“ Ohnehin sei nicht zu unterschätzen, dass solch ein gesellschaftliches Engagement die Moral der Mitarbeiter in allen Bereichen hebe.

Ebenfalls ein Plus entstehe bei den Medienberichten. Logisch, werden solche Kampagnen heute nicht nur in Marketing-Fachmedien analysiert, sondern auch in Publikumsmedien und erst recht in Millennial-Medien wie Vice oder Buzzfeed.

Davon profitierten auch Mit-Bewerber. Beispiel Nike: Die Berichterstattung über die Sporartikelbranche stieg im untersuchten Zeitrum um 11 Prozent. Der Anteil von Nike daran stieg aber von 53 auf 64 Prozent – der von Adidas fiel von 27 auf 12, der von Puma von 13 auf 9 Prozent. Auch die Deutschen bekamen also mehr Berichterstattung, Nike jedoch überproportional mehr. Möglicher Grund: Viele Artikel verglichen Nikes Haltung mit jener der Konkurrenz.

Die Berichterstattung hat auch Folgen für die Suchmaschinenoptimierung: Die meisten der Marken erlebten einen Anstieg der SEO-Sichtbarkeit.

Auffällig aber sowohl im Social Web wie bei SEO und Medienberichterstattung: Je weiter das gesellschaftliche Thema vom Kerngeschäft entfernt, desto stärker die Wirkung. Wenn sich die Outdoor-Marke Patagonia für den Umweltschutz einsetzt, erzielt dies weniger Wirkung, als wenn Levi’s sich für stärkere Waffengesetze engagiert.

Purpose Marketing führt zu Gratitude Commerce

Die wichtigste Frage aber: Wirkt sich Haltung auch wirtschaftlich aus? May zitierte den Edelman Earned Brand Report, eine Online-Umfrage unter 40.000 Personen in acht Ländern, darunter Deutschland. Die Studie sieht bei 64% der Befragten eine Tendenz zum durch politische Haltung beeinflussten Konsum:

May analysierte den E-Commerce über ein Tool von Rakuten. Die Zahlen seien mit Vorsicht hinzunehmen, denn sie seien nicht vollständig und natürlich durch andere Faktoren wie Preisaktionen beeinflusst:

So ist der anschließende Fall von Nike unter das Vor-Niveau nicht klar erklärbar. Der Bettbezug, Kissen- und Deckenversand MyPillow dagegen erlebte ein Auf und Ab, nachdem sich CEO Mike Lindell offen zu Trump bekannte und erklärte, Trump sei von Gott als Präsident auserwählt worden. Das brachte ihm einen Besuch im Weißen Haus und Käufe von Trump-Anhängern – mit anschließendem Kauf-Boykott von Trump-Gegnern. Selten allerdings gibt es bei politischen Belangen eine derartige 50/50-Aufteilung.

„Gratitude Commerce“ nennt May diesen Umsatzschub, den praktisch alle untersuchten Marken verzeichneten.

Mays Zusammenfassung:

  1. Keine einzige Marke erlitt nachhaltigen Schaden.
  2. Marken, die glaubwürdig Purpose Marketing betreiben wollen, brauchen neben der Unterstützung des CMO auch die des CEO.
  3. Je weiter der Purpose vom Kerngeschäft entfernt ist, desto wirkungsvoller die Kampagne.

 

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