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SXSW 2019: Erlebnismarketing auf dem Weg ins nächste Level

Der Cowboy am Pokertisch will nicht auffallen – und tut es genau deshalb. Ständig wandert sein Blick über die Karten in seiner Hand, durchsucht den Raum. Worauf wartet er?

Auf den jungen Typen, der ihm einen Zettel gibt. Der Cowboy liest ihn, wird nervös, wirft die Karten hin und verschwindet in einem Zimmer weiter hinten.

Verdächtig.

Also auf zur Frau Sheriff: „Mam, I’ve noticed something strange.“ Die Ordnungshüterin bedankt sich, nimmt den Scanner von ihrem Gürtel und bittet um das Armband mit RFID-Chip – 250 Punkte für den heißen Tip.

Wer am Ende eines langen Tages genug Punkte beisammen hat, kann sie eintauschen gegen eine hochwertige Uhr, einen echten Stetson oder ein Wrangler-Jeanshemd.

All dies findet in im schummerig-roten Licht eines Keller-Speakeasy statt, den Netflix für die SXSW konzipiert hat. Nur 200 Besucher passen rein, die Schlangen sind lang – so wie bei allen Erlebnismarketing-Projekten von TV-Serien und -filmen in Austin.

Davon gibt es etliche. Netflix wirbt für seinen Film „The Highwaymen“, der aus Sicht der Polizisten die Geschichte von Bonnie & Clyde erzählt; Amazon Prime hat ein beeindruckend großes Freigelände als Werbung für seine neue Serie „Good Omes“ gebucht; und „Game of Thrones“ fragt in einer Halle „Are you ready to bleed for the throne?“. Letzteres ist wörtlich gemeint: Nur wer für das Rote Kreuz Blut spendet kommt in den Genuss einer großen Show und wird auf dem legendären Thron abgelichtet.

Solche Häuser und auch Aktionen auf der Straße gibt es seit Jahren während der SXSW. In diesem Jahr aber haben sie eine neue Ebene erreicht. Denn während bisher die Besucher durch Kulissen wandelten, sich an digitalen und analogen Spielchen versuchten oder ein Bild in einer Photo Booth machten, sollen sie jetzt viel stärker mit Schauspielern interagieren.

Diese Akteure übernehmen Rollen aus den Serien und Filmen, reagieren aber spontan auf die Konversation mit den Besuchern.

„Wenn eine Marke ein solches emotionales Erlebnis schafft, entsteht eine persönliche Beziehung, fast wie zu einem Freund. Marken haben zum ersten Mal die Chance, solch komplexere Gefühle zu wecken“, sagte auf einem SXSW-Panel über Erlebnismarketing Taylor Katai, Strategiedirektorin der hoch gelobten Agentur Giant Spoon.

Beispiel Netflix: Während des Abends spielt sich im Speakeasy ein doppelter Krimi ab. Zunächst werden die Besucher von der Besitzerin gewarnt, dass ein legendärer Räuber angekündigt habe, den Saloon auszurauben, weshalb die Ordnungshüterin um sachkundige Hinweise bittet, wer von den Anwesenden jener Räuber sein könnte. Der wortkarge Cowboy? Der Fotograf, der behauptet, gerade in LA einen Film produziert zu haben? Der Sohn der Chefin? Die Besucher wandeln umher und reden mit den Akteuren.

Dann kommt es tatsächlich zum Raub – doch der Räuber wird vergiftet. Nun gilt es den Mörder zu finden.

Wer Hinweise liefert bekommt Punkte auf sein Armband. Wer keine Lust auf Gespräche hat, kann diese auch beim Pokern oder Black-Jack-Spielen erwerben. Und während des gesamten Abends spielen noch dazu passende Bands.

„Es geht darum Momente zu schaffen, die mehr sind, als nur eine Schnitzeljagd oder ein Souvenir. Es geht um Momente, die unglaublich real wirken, in denen sich die Menschen fühlen, als wären sie in eine andere Zeit und an einen anderen Ort versetzt worden“, erläutert Justin Fix das Konzept dieser Variante des Erlebnismarketing. Mit seiner Produktionsfirma Just Fix It unterstützt er Unternehmen bei immersiven Erlebnissen.

„Unser Hirn ist verdrahtet für Neuigkeiten. Wir erinnern uns eher an neue Erlebnisse, als an gewohnte“, sagte Neil Davidson, der General Manager der Londoner Agentur HeyHuman. Sprich: Digitale Spielchen, die jedem Besucher das Gleich bieten, haben sich überlebt. Schauspieler in Rollen sorgen dagegen für Berührungen mit einer Marke oder einer TV-Serie, die immer wieder anders sind.

Straßenwerbung für „Good Omens“ von Amazon Prime.

Natürlich ist der Aufwand für solch eine Inszenierung höher, als einfach nur eine Immobilie zu dekorieren – doch bei einem Panel über Erlebnismarketing waren sich die Teilnehmer alle einig, dass der emotionale Effekt deutlich höher ist: Besucher dieser neuen Form der Installation werden sich selbst sehr viel länger erinnern – und Freunden erheblich intensiver vom Erlebnis berichten.

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